Als langjähriger Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper verfügt Kent Nagano über ein tiefes Verständnis für die Musik von Richard Strauss, für die Münchner Strauss-Tradition sowie über authentische Quellen innerhalb der Familie Strauss.
Bei dieser Neuproduktion eines der am häufigsten eingespielten Orchesterwerke hat Kent Nagano eine für ihn typische Sichtweise gewählt:
Der Lebensweg des Helden Richard Strauss wird nicht vordergründig und plakativ intoniert, reduziert auf rein illustrative Programm-Musik, wirkend durch die Wucht des riesigen Orchesterapparats. Vielmehr suchen Nagano und die Göteborger Symphoniker die Zwischentöne, die kompositorischen und klanglichen Details - und zeigen die Brüche in der Heldenfigur, die inneren Emotionen, Wahrnehmungen und die Selbstzweifel unter der Oberfläche der oft eher eindimensional wiedergegebenen Partitur.
Das große Violin-Solo, welches Richard Strauss’ Frau Pauline charakterisiert, wird sonst von den (meist männlichen) Ersten Konzertmeistern der großen Orchester gestaltet. Hier aber zeigt Sara Trobäck, Erste Konzertmeisterin der Göteborger Symphoniker, erstmalig auf einer großen CD-Aufnahme eine weibliche, überraschend andere Sicht auf „Des Helden Gefährtin“.
Wenn der letzte Abschnitt des Lebenswegs von Strauss’ „Helden“ erklingt, hören wir in Naganos Interpretation nicht nur die spätromantische Verklärung, die der 34-jährige Komponist für seine beiden Hauptfiguren kreierte. Wir entdecken in der Partitur auch die Gebrochenheit des über 80-jährigen Strauss, als er nach dem Ende des Dritten Reiches seine eigene Katharsis und Verklärung erfuhr.
Hier schließt sich der Kreis zur Tondichtung „Tod und Verklärung“, in der uns Richard Strauss und Kent Nagano eine ganz ähnliche menschliche Geschichte erzählen.